Festakt: Gemälde der Künstlerin Marlis Glaser gestiftet / Badstraßenschule heißt künftig Erna Brehm Grund- und Werkrealschule

Bei dem Festakt mit Gemäldeübergabe in der Badstraßenschule Calw wurde vom Schulaufsichtsbeamten Tobias Häberle verkündet: "Ich darf bekannt geben: Die Schule wird von nun an ›Erna Brehm Grund- und Werkrealschule Calw‹ heißen." Der Calwer Gemeinderat hatte diesem Vorschlag erst an diesem Donnerstag zugestimmt.

Calw. In den vergangenen Wochen hatten sich die Schüler intensiv mit Erna Brehm auseinandergesetzt, um allen Klassen die Zeit während des Zweiten Weltkrieges, der Zeit unter Diktator Adolf Hitler und die damaligen Geschehnisse nahezubringen. Erna Brehm wurde 1931 in der Grund- und Werkrealschule eingeschult und gilt somit als lokales Beispiel für die Schule.

Die Grundschulklassen beschäftigten sich mit Themen rund um Toleranz, Miteinander und dem Leben von Brehm. Während des Festaktes sang der Grundschulchor das "Lied vom Anderssein", bei dem es um Blaukarierte, Rotgefleckte, Grüngestreifte und das Land der Buntgemischten geht. Der Schlusssatz des Liedes ist von den Buntgemischten gesungen: "Willkommen hier im Land".

Die Klassen der Werkrealschule behandelten das Schicksal Brehms und erarbeiteten einen Zeitstrahl ihres Lebens, gestalteten Bilder und die ältesten Schüler besuchten das Konzentrationslager Dachau. Sie seien von dem dort herrschenden Umgang mit den Inhaftierten betroffen gewesen, insbesondere den Foltermaßnahmen und dass den Gefangenen Nummern gegeben wurden – sie somit ihren Namen verloren. Im Anschluss des Festaktes waren im Hauptgebäude der Schule die ausgestellten Arbeiten der Schüler zu besichtigen.

Die Künstlerin des Gemäldes, Marlis Glaser, sei schon seit Beginn ihrer Karriere von "mutigen Frauen" inspiriert worden. Sie nahm sich vor allem in den 1970ern-Jahren Frauen in der französischen Revolution als Vorbild. Glaser entwickelte aus Interesse und Recherche heraus die Porträtausstellung "Mutige Frauen" im Klostermuseum Hirsau. Im Fokus der Gemälde stehen die Frauen nicht in ihrer "Opferrolle". Glaser porträtierte sie mit Lächeln im Gesicht: "Ich will den Mut, die Hoffnung und menschliche Würde der Frauen darstellen und nicht die Umstände ihres Missbrauchs und ihr Opfer in den Vordergrund stellen."

Veit Feger finanziert Glaser seit mehr als zehn Jahren: "Mir hat die Idee gefallen, Opfer mit Würde zu porträtieren." Nun stiftete er Glasers Porträt von Erna Brehm an die Schule.

Norbert Weiss vom Arbeitskreis Lokale Zeitgeschichte, der sich schon in den 1980ern-Jahren mit Erna Brehm beschäftigte, erzählte von deren Leben. Brehm verliebte sich als 16-Jährige in einen polnischen Zwangsarbeiter. Dies war durch nationalsozialistische Gesetze verboten. Wegen dieser Beziehung wurde sie verhaftet und verbrachte acht Monate im Stuttgarter Frauengefängnis. Nach dieser Zeit wurde sie in das Konzentrationslager Ravensbrück deportiert. Unter den dort herrschenden Umständen entwickelte sie eine Rippenfellentzündung und später eine Lungentuberkulose. An den Folgen starb Brehm sechs Jahre später, am 19. August 1951, im Alter von 27 Jahren.

Die damalige Recherche zu ihrem Leben wurde von ihrem Bruder Reinhold Brehm unterstützt. Er bereicherte das Team um Weiss mit Informationen und vermittelte sie zu passenden Gesprächspartnern. Unter anderem auch zu dem polnischen Geliebten Erna Brehms: Marian Gawronsiki. Dieser wurde 1941 festgenommen und ins Konzentrationslager Buchwald deportiert. Er überlebte und ging zurück nach Polen. Bei einem Besuch von Reinhold Brehm erzählte er von einer schriftlichen Aussage Ernas. Den genauen Wortlaut konnte Gawronsiki nicht wiedergeben, aber er erinnerte sich: "Damit hat sie meinen Kopf gerettet."

Das Porträt Erna Brehms wurde von Künstlerin und Stifter enthüllt und wird im Hauptgebäude der neu benannten Erna Brehm Grund- und Werkrealschule Calw nun einen würdigen Platz finden.

Erst tags zuvor, am Donnerstagabend, hatte der Gemeinderat Calw der Umbenennung mit einer Enthaltung zugestimmt.

Quelle: Schwarzwälder Bote